Home
Hobbies
Kontakt
Links
Gästebuch
Geschichten
O.Game
 




Hallo, ich bin Manuela und biete Euch hier einige Geschichten aus meinem zahlreichen Fundus. Wenn Euch eine gefällt, würde ich mich freuen, Eure Meinung im Gästebuch zu lesen.

Der Sturm auf dem Hügel

Es war in einer kalten Aprilnacht, Minusgrade herrschten und ein eisiger Wind wehte. Die grüne Landschaft in der Ferne war fremd und geheimnisvoll und die Bäume bewegten sich nur mäßig unter der Sichel des Mondes. Es war einer jener Nächte, vor dem man das wohlige Heim dem kalten Erdboden vorzog.

Das eigene Heim war sicher, gemütlich und so gut wie unnahbar. Fast, denn in dieser Nacht an diesem Tage war etwas anders. Etwas fremdes lag in der Luft. Die ländliche Idylle schlug plötzlich um in grausame Realität. In der Gegend wo kaum ein Mensch vorbeikam, selten ein Vogel nistete und Füchse ihren Bau verließen, dort geschah in einem kleinen Dorf, weit entfernt von der Stadt, Unglaubliches.

Fernab vom Dorf stand auf einem Hügel ein kleines einsames Häuschen mit einem hübsch angelegten Garten, einem weißen Lattenzaun und mit einer Vielzahl an üppigen Pflanzen und prächtigen Blumenbeeten. Schaute man aus einer der Fenster auf der Rückseite des Hauses, blickte man auf einen großen See. Ein alten Ehepaar wohnte dort schon seit vielen Jahren und sie wollten gemeinsam in diesem Haus ihren Lebensabend verbringen. Der Ehegatte schaffte unten im Dorf seine leichte Werksarbeit, während seine Gattin das Haus in gutem Zustand erhielt. Es war sehr einsam hier oben, doch das Pärchen hatte genug vom routiniertem Alltagsleben in der Stadt, die Stille war berieselnd und die Natur ein Schmaus für die Sinne. Hier wollten sie sterben und auf diesem Hügel begraben werden.

Stets waren sie freundlich und besonnen und würden nie etwas Böses ahnen. Das eine realistische Grausamkeit in ihrem Haus Einzug halten würde, daran glaubten sie nicht, denn alle Menschen in der Umgebung waren einander freundlich gesinnt. Doch so ein bisschen Misstrauen gegenüber seinen Mitmenschen ist gesund und manchmal sogar berechtigt.

Eines Tages kam ein fremder Mann des Weges in das kleine Dorf. An einigen Türen klopfte er an und fragte nach einer Obdach. Er sagte, er sei auf dem Weg in die nächst größte Stadt und wollte möglichst diese Nacht nicht draußen verbringen. Doch anstatt Mitgefühl zeigten die Leute im Dorf Skepsis. Schließlich war er ein Fremder, er wirkte vertrauenserweckend, aber dennoch war er unbekannt. Viele lehnten aus einem spontanen Vorwand ab. Und so kam es, dass der relativ attraktive Herr sich zum Haus auf dem Hügel begab.

Das Ehepaar aß gerade zu Abend als es an der Tür klopfte. Leicht erschrocken gingen sie den langen Flur entlang zur Haustür. Als sie öffneten stand vor ihnen ein großer, schlanker Mann mit einem freundlichen Gesicht.

»Kann ich ihnen helfen?« fragte der Mann den Fremden.

»Ich suche eine Übernachtungsmöglichkeit. Unten im Dorf habe ich schon nachgefragt, aber die Skepsis der Bewohner ließ mich kein Bett finden. Ich bin auf dem Weg in die nächste Stadt und suche nur eine Übernachtung.« Antwortete der Fremde. Er hatte ein charmantes Lächeln auf dem Gesicht.

»Nun kommen sie doch erst einmal herein.« Unterbrach er ihn. »Sie holen sich sonst den Tod hier draußen.« Er bat ihn herein.

Seine Frau war schon auf dem Weg in die Küche um heißen Tee zu bereiten, während die Männer sich in die warme Stube setzten.

»Hier oben kommt kaum jemand hoch, deshalb sind wir Besuch nicht gewöhnt.« Wandte sich der alte Mann an den Fremden.

»Ich will ihnen auch bestimmt keine Umstände machen, aber es ist ziemlich kalt da draußen und ich weiß wirklich nicht wohin.« Seine Frau kam herein und stellte ein Tablett mit drei Tassen heißen Tee auf den Tisch. »Nun trinken sie erst einmal eine Tasse Tee, es wird ihnen gut tun.« sagte der alte Herr.

Der Ehemann schaute seine Frau fragend an, während sie den Tee eingoss und sagte dann: » Ich glaube für eine Nacht können wir sie unterbringen. Sie machen einen netten Eindruck und außerdem haben wir oben ein Gästezimmer, das so gut wie noch nie benutzt wurde.«

»Ich danke ihnen.« Entgegnete der Fremde freundlich und das Pärchen lächelte ihm beherzt zu.

Eine ganze Weile saßen sie noch am Kamin und erzählten dem Fremdling Erinnerungen aus ihrer Vergangenheit. Wenig später ging das Ehepaar gemeinsam zu Bett. Zuvor hatte sie ihm das Nachtlager bereitet und eine angenehme Nachtruhe gewünscht. Dann zogen sie sich zurück. Als das Haus erstillte und der Wind um das kleine Haus wehte, saß der fremde Mann auf dem riesigen Gästebett und schrieb etwas in sein Tagebuch hinein. Auf eine leere Seite schrieb er rechts oben das aktuelle Datum, dazu Ort und Uhrzeit. Dann klappte er das Buch zu, packte es in seine Tasche und verließ das Zimmer.

Als er durchs Haus schlich, bemühte er sich keine Geräusche von sich zu geben. Der Fremde hatte ein riesiges Schlachtermesser in seiner Hand. Als erstes überraschte er den alten Mann, der durch ein Geräusch in der Küche aus dem Schlaf gerissen wurde und nachsehen wollte. Der Fremde stand in der Küche und hatte gewartet bis der Hausherr nahe genug war. Dann stach er zu. Das Messer ging tief in seinen Unterleib und ein Rinnsal Blut schoss daraus hervor und lief an seinen Beinen hinab auf die sauberen Fliesen. Starr vor entsetzen und mit weitaufgerissenen Augen sackte der Mann zusammen. Ungläubig schaute er den Fremden an, der wie ein erbarmungsloser General zu ihm hinunter sah. Der Verletzte kippte nach vorn und war schmerzerfüllt. Er wollte schreien und seine Frau warnen, die oben im Schlafzimmer friedlich schlief, doch er brachte keinen Ton heraus. Die Schmerzen lähmten ihn. Dann bekam er den Gnadenstoß. Der Killer ging ins obere Stockwerk zum Schlafzimmer. Vor ihrem Bett stehend schaute er sie an. Bedächtig und ruhigen Gewissens. Dann hob er das Messer. So dass es über seinem Kopf im Mondschein glänzte. Dann fuhr es herab. Die alte Frau öffnete kurz die Augen und sah ihren Mörder mit einem blutigen Messer in der Hand vor ihrem Bett stehen. Nur Sekunden später schloss auch sie für immer die Augen. Als er fertig war ging er ins Badezimmer und wusch sich sorgfältig die Hände, die Oberarme und das Gesicht. Das Messer wusch er ebenfalls und schob es zurück in den Block in der Küche.

Mit der Tasche in der Hand und einem alten Foto des Ehepaares, dass er aus einem Rahmen vom Kamin heraus genommen hatte, schloss er hinter sich die Tür und ging fort. Kein Mensch wusste woher er kam und wohin er ging, doch nahm er zwei Menschenleben mit sich.

Das Ehepaar konnte nie gerächt werden und das Haus auf dem Hügel steht nun leer. Der Sturm auf dem Hügel ist stärker geworden. Man hat den Eindruck, dass er nie zur Ruhe kommt.

                                            E N D E

Manuela Engel